Die Königswinterer Wählerinitiative will die Bürgerbeteiligung in Königswinter über das gesetzliche Maß hinaus weiter entwickeln.
KöWI-Fraktionsvorsitzender Lutz Wagner ist überzeugt, dass die gesetzlichen Vorgaben zu kurz greifen: „Wir brauchen verbindliche dialogische Elemente in der Bürgerbeteiligung, damit sich Bürger, Politik und Verwaltung bei wichtigen Fragen der Ortsteil- oder Stadtentwicklung frühzeitiger austauschen können. Wenn wir es schaffen, das vorhandene Wissen und die Kreativität der Bürger zu nutzen und umgekehrt aber auch unsere Sachzwänge besser vermitteln können, haben beide Seiten gewonnen“.
Auch auf der Internetseite der Stadt soll das Thema Bürgerbeteiligung ein größeres Gewicht bekommen. Unter einem eigenen Menupunkt sollen alle gegenwärtigen und bisherigen Beteiligungsverfahren nach geltendem Recht, also Bürger- und Einwohneranträge, Einwohnerfragen und schriftlich eingegangene Anregungen der Bürger aufgeführt werden. So heißt es in einem Antrag der Köwis an den Haupt-, Personal und Finanzausschuss. Dabei soll auch über den jeweiligen Stand der Verfahren und über das Ergebnis eines abgeschlossenen Beteiligungsverfahrens berichtet werden.
Ratsmitglied Florian Striewe würde eine solche Ergänzung als zusätzliche Dienstleistung für die Bürger sehr begrüßen: „Heute werden nicht alle Anregungen und Beschwerden von Bürgern öffentlich zugänglich gemacht. Grundsätzlich sollte hier aber weitreichende Transparenz gewährleistet werden und dementsprechend beispielsweise auch die Eingaben der Bürgerinnen und Bürger in Bebauungsplanverfahren grundsätzlich dokumentiert werden. Genauso sollte frühzeitig auf Beteiligungsverfahren hingewiesen werden“.
Der Antrag spricht aber aus Sicht der Köwis nur einen wichtigen Punkt an. Darüber hinaus arbeiten die Köwis an einem Gesamtkonzept zum Ausbau der Bürgerbeteiligung in Königswinter. In einem ersten Schritt hatte die Fraktion Mitte des Monats zu einer Infoveranstaltung über Möglichkeiten und Chancen von Partizipations- und Beteiligungsmodellen in Kommunen ins Haus Bachem eingeladen.
Wenn Bürgerinnen und Bürger kontinuierlich an wichtigen Entscheidungen von Rat und Verwaltung beteiligt sind, führe dies zu einem Kulturwandel in der jeweiligen Stadt, so Hanns-Jörg Sippel, Vorsitzender der Stiftung Mitarbeit und des Netzwerks Bürgerbeteiligung. Es bedürfe einer Haltungsänderung, dass die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern eine Chance für die Demokratie sei. KöWI-Fraktionsvorsitzender Lutz Wagner brachte es auf den Punkt: „Die Erfahrung zeigt, dass Bürgerbeteiligung über die bestehenden Vorschriften hinaus bessere Ergebnisse erzielt und bei den Bürgerinnen und Bürgern größere Akzeptanz erfährt als bei einer Beschränkung auf die gesetzlichen Instrumente. Dafür gibt es auch in Königswinter positive Beispiele aus der letzten Zeit. Die gilt es auszubauen.“
Als langjährige Verwaltungsmitarbeiterin, die die Stabsstelle Bürgerbeteiligung in Solingen leitet, berichtete Evelyn Wurm aus der Praxis. Um Leitlinien für Bürgerbeteiligung zu erarbeiten, habe es eine Lenkungsgruppe, bestehend aus Rat, Verwaltung und Bürgern bedurft. Wie wichtig ein städtischer Konsens in der Frage war, zeigte sich in den anfänglichen Widerständen bei allen drei Gruppen. Schließlich habe der Stadtrat dann diese Leitlinien einstimmig verabschiedet. Für Solingen war dies die Grundlage für weitere Schritte zu mehr Beteiligung aller Bevölkerungsgruppen. Dabei, betonte Frau Wurm, sei es entscheidend, dass die Beteiligungsformate und –kanäle zielgruppenspezifisch ausgerichtet werden. Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen beispielsweise bei Spielplatzplanungen sei insofern anders zu organisieren als die Einbindung von Erwachsenen in Fragen der frühzeitigen Diskussion über Baugebiete.
Mehr als 60 Städte und Gemeinden verfügen bereits über verbindliche Regelungen, sei es in Form von Leitlinien oder als Ortssatzung, um Bürgerinnen und Bürger an allen wichtigen Vorhaben zu beteiligen. Als wichtiges Instrument nannte Hanns-Jörg Sippel die sogenannte Vorhabenliste. Das Führen solcher Listen und die transparente Darstellung ermöglichten eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger auf Augenhöhe. Deren Ausgestaltung reiche dabei von der bloßen Informationsdarstellung bis hin zu einem vorgesehenen Initiativrecht der Bürgerinnen und Bürger, um Beteiligungsinstrumente im jeweiligen Vorhaben vorzusehen.
Beide Referenten betonten, dass Bürgerbeteiligung nicht zum Nulltarif zu bekommen sei. Dafür müssten der Verwaltung auch die notwendigen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. „Partizipation bedeutet“, so Sippel, „dass auch die Bürger eine Konfrontationshaltung überwinden und Mitverantwortung übernehmen.“ Damit diese Form der Zusammenarbeit funktioniert, bedarf es einer aktiven Bürgerschaft, die dazu bereit ist.
Die Veranstaltung der KöWIs, auf der zahlreiche Bürgerinitiativen und Vereine vertreten waren, zeigt, dass in Königswinter eine ausgesprochen motivierte und aktive Bürgerschaft darauf wartet, sich stärker in das kommunalpolitische Geschehen einzumischen.