Ländliche Regionen wie der Bergbereich der Stadt Königswinter sind aufgrund der strukturellen Rahmenbedingungen meist relativ einseitig auf den Individualverkehr ausgerichtet. Während die Autonutzung in den Großstädten zurückgeht, bleibt sie auf dem Land konstant bei 70 %. Das Ergebnis: Staus an den Hauptverkehrswegen in Königswinter, Belastung der Anwohner*innen durch Lärm und gesundheitsschädliche Abgase. Die Fixierung auf den motorisierten Individualverkehr hat auch darüber hinaus die Entwicklung der Ortsteile geprägt. Es fehlen immer noch zu viele Radwegeverbindungen zwischen den Ortsteilen und ins Umland, und viele Ortsteile um die zentralen Versorgungsbereiche herum sind auch noch nicht ausreichend an den ÖPNV angebunden.
Dennoch: Königswinter erfreut sich einer wachsenden Beliebtheit. Menschen leben gerne in dieser Stadt, arbeiten hier oder pendeln in die angrenzenden Nachbarkommunen und Oberzentren am Rhein. Um ein fortgesetztes Verkehrswachstum im Siebengebirgsraum zu vermeiden, werden wir uns auch in Zukunft nachdrücklich für eine äußerst zurückhaltende Bebauungspolitik einsetzen. Denn fast jede neue Bebauung im Bergbereich unserer Stadt erzeugt neuen Verkehr, der die Straßen ins Tal und im Tal zusätzlich belastet.
Wir fordern dazu eine integrative Planungs- und Verkehrspolitik, die Arbeiten, Wohnen, Einkaufen und Freizeitgestaltung – wo möglich – enger miteinander verknüpft. So können unnötiger Autoverkehr vermindert und die entsprechenden Belastungen verringert werden.
E-Mobilität als Chance nutzen
Die rasant wachsende E-Mobilität eröffnet neue Chancen für Berg-/Talverbindungen, die es aktiv konzeptionell zu gestalten und zu fördern gilt. Dafür muss allerdings auch die Ladestruktur für E-Bikes flächendeckend ausgebaut werden.
Tempo 30 im Einvernehmen mit den Betroffenen ausbauen
Wir setzen uns für eine konsequente Ausweitung von Temporeduzierungen in den Ortsteilen ein. Verkehrsberuhigungsmaßnahmen leisten einen wichtigen Beitrag für mehr Sicherheit im Straßenverkehr, insbesondere für die schwächeren Verkehrsteilnehmer*innen. Verkehrsberuhigte innerörtliche Bereiche sind auch ein Beitrag zu mehr Lebensqualität. Anträge aus der Bürgerschaft für Verkehrsberuhigungsmaßnahmen finden deshalb grundsätzlich unsere Unterstützung. Vor der Ausweisung von Tempo 30-Zonen oder anderweitigen Verkehrsberuhigungsmaßnahmen sollten die entsprechenden Planungen im Rahmen einer Bürgeranhörung vorgestellt werden und möglichst im Einvernehmen mit den Bürger*innen der betroffenen Wohngebiete erfolgen.
ÖPNV stärken
Der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel fällt häufig schwer. Auch im Interesse einer nachhaltigen, klimafreundlichen Mobilität muss der Anteil des PKW-Individualverkehrs durch einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und des Radwegenetzes, aber auch durch die Möglichkeit der Kombination verschiedener Verkehrsträger deutlich verringert werden. Dafür können die geplanten Mobilstationen einen wichtigen Beitrag leisten.
Im Einzelnen heißt das für Königswinter:
- bedarfsgerechter weiterer Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV)
- weitere Optimierung des Busverkehrsangebotes, beispielsweise mit Schnellbuslinien und einem weiteren Ausbau der Nachtbusangebote
- zügige Einrichtung der geplanten Mobilstationen an wichtigen Verkehrsknotenpunkten (mit Fahrradabstellmöglichkeiten, E-Ladestellen etc.)
- mehr Park-and-Ride-Plätze und Mitfahrer-Parkplätze in der Nähe der ÖPNV-Haltestellen
- Förderung von On-demand-Verkehren (AST) durch digitale Vernetzung
- mehr Mitfahrerbänke in den Ortsteilen, die vom ÖPNV nicht erreicht werden können; damit dies überhaupt eine Alternative zur Reduzierung des PKW-Verkehrs werden kann, muss hierfür zunächst ein Konzept entwickelt werden
- Ausweitung des Angebotes von ehrenamtlich betriebenen Bürgerbussen
- barrierefreier Zugang zu allen Bussen und Bahnen
- barrierefreier Umbau der DB-Bahnhöfe in der Altstadt und in Niederdollendorf
- verstärkte Verkehrserziehung der Kinder zur selbstständigen Nutzung des ÖPNVs und des Fahrrads
- Einführung eines kostenlosen ÖPNV-Angebotes für alle Schüler*innen in Königswinter.
Den Radverkehr fördern. Den Umstieg leichter machen
Die Förderung des Radverkehrs ist für uns unverzichtbarer Bestandteil einer klimaverträglichen Mobilitätspolitik. Er bringt Gesundheitsvorteile, spart Treibhausgase und bedeutet damit einen aktiven Schutz unseres Klimas. Deshalb muss das Fahrrad als Verkehrsmittel in der kommunalen Planung mehr als bisher berücksichtigt werden.
Konkret fordern wir:
- die vorhandenen Lücken im Radwegenetz in den nächsten Jahren sukzessive zu schließen
- dabei besonders die Radwege am Rhein entlang und die Radwege zwischen Berg und Tal aktuell in den Blick zu nehmen. Auch die Lückenschlüsse der Radwege aus Vinxel Richtung Bonn, Stieldorf nach Birlinghoven oder von Eudenbach nach Buchholz müssen weiter verfolgt werden.
- Bestehende Radwege in Abstimmung mit den Nachbarkommunen auf Schwachstellen zu überprüfen und im Bedarfsfall auszubauen
- im Talbereich an zentralen Umsteigepunkten (DB Bahnhöfe Altstadt und Niederdollendorf, Haltestellen der Linie 66 Longenburg und Oberdollendorf) weitere witterungs- und diebstahlsichere Abstellmöglichkeiten (Radstationen) zu schaffen.
- Die Mitnahme von Fahrrädern in den öffentlichen Verkehrsmitteln in ausreichendem Maße und verlässlich zu gestalten. Dies wird die Verknüpfung von ÖPNV und Fahrradverkehr entscheidend verbessern.
- Die Stellplatzsatzung zugunsten von Fahrradstellplätzen und zu Lasten der PKW-Stellplätze zu verändern.
- Die bestehenden Routen als Radschnellwege für Berufstätige sowie Schüler und Studenten auszubauen.
Intelligente Mobilitätskonzepte fördern
Menschen entscheiden nach ihren konkreten Bedürfnissen darüber, welche Verkehrsmittel sie nutzen und wie sie diese je nach Möglichkeit verknüpfen. Auf der anderen Seite bewegen sich Menschen im gegebenen Raum und nutzen Angebote, die sie vorfinden.
Eine Verkehrswende mit einer echten Alternative zum motorisierten Individualverkehr kann aber nur durch ein vernetztes Mobilitätsmanagement erreicht werden. Deshalb fordern wir, dass ein übergreifendes Mobilitätskonzept mit den benachbarten Städten und Kreisen, den Nahverkehrsunternehmen und den Firmen, die Verkehr hervorrufen, entwickelt wird.
Dazu werden wir in Kooperation mit dem Rhein-Sieg-Kreis den Aufbau eines Fahrradverleihsystems und die Entwicklung weiterer Mobilstationen mit Nachdruck unterstützen und die richtigen und wichtigen Schlüsse der Analyse des Zweckverbands Nahverkehr Rheinland (NVR) umsetzen.
Gerade der Aufbau von Mobilstationen als Verknüpfungspunkte verschiedenster Verkehrsträger dürfte mit entsprechenden Ausstattungsmerkmalen (Fahrradboxen, E-Aufladestationen etc.) dem Ziel eines erleichterten Umstiegs näherkommen.
Auch der Aufbau eines Car-Sharing-Systems in Kooperation mit den Nachbarkommunen und dortigen Anbietern ist anzustoßen.
Um diese Aufgaben zu leisten, ist die AG „Radwegenetz“ in eine interfraktionelle Arbeitsgruppe „Mobilität“ zu integrieren, in der Politik, Verwaltung, Verbände und Bürger*innen mitarbeiten.
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Kommunalpolitisches Programm der Königswinterer Wählerinitiative KöWI e.V. 2020