+++ Pressemitteilung +++
Nachdem die Ratskoalition aus KöWI, SPD und GRÜNEN die politische Verantwortung in Königswinter vor zwei Jahren übernommen hat, hat sie in den Haushaltsberatungen 2021 und 2022 eine solide Finanzplanung in den Mittelpunkt ihrer Politik gestellt. Bei einem Haushaltsvolumen von zuletzt 118,5 Mio. € für 2022 standen vor allem die rund 4 Millionen Euro Haushaltsleistungen im Fokus der Beratungen, die von der Koalition noch in eigener Verantwortung steuerbar waren. Außerdem wurde intensiv nach Möglichkeiten für Einnahmesteigerungen gesucht.
Die Koalition hat es sich dabei nicht leicht gemacht: Aufwandskürzungen um rund 1 Mio. € im Haushalt 2022 und die für alle Bürgerinnen und Bürger schmerzhafte, aber notwendige Erhöhung der Grundsteuer B für den Haushalt 2022. Ziel war es, trotz eines weiterhin massiven Plan-Defizits von rund 4,1 Mio. € – gegenüber dem Planansatz im Haushaltsentwurf von 5,7 Mio € – die Mittefristplanung für die übergeordneten Ebenen genehmigungsfähig zu gestalten und ein Haushaltssicherungskorsett ab 2024 zu vermeiden. Im August 2022 berichtete die Kämmerei über den aktuellen Haushalt, der eine Verringerung des Defizits um ca. 1 Mio. € auf nur noch -2,98 Mio. € in 2022 möglich und erreichbar erscheinen ließ.
Die gleichzeitig von der städtischen Kämmerei mitgeteilten neuen Zahlen für die Ausgaben der Jahre ab 2023 zeigen jedoch eine dramatische Veränderung für die Folgejahre. So verschlechtern sich nun die externen Rahmenbedingungen für den Haushaltsplan 2023 und die Mittelfristplanungen:
- Das Urteil des OVG in Münster zur Eigenkapitalverzinsung bei städtischen Abwasserwerken bedeutet allein für Königswinter eine jährliche Zusatzbelastung von rund 2,25 Mio. € im Jahr.
- Gleichzeitig wird für den Haushaltsplan des Rhein-Sieg-Kreises eine Erhöhung der allgemeinen Kreisumlage angedacht, die die Finanzierungsbeteiligung der Kommunen an den Leistungen des Rhein-Sieg-Kreises für Königswinter und des ÖPNV im kommenden Jahr um mehr als 3,48 Mio. € erhöhen würde. Ursächlich geht es u.a. dabei um eine Erhöhung der Umlage für den Landschaftsverband, die der Kreis an die Kommunen weiterreicht
- Schließlich werden auch durch die Folgen des Kriegs in der Ukraine die Energiekosten steigen, die die Bürgerinnen und Bürger bereits direkt und massiv spüren. Sie werden auch die städtischen Ausgaben um weitere 1,6 Mio. € in 2023 erhöhen und dies trotz der hier bereits eingeplanten Potenziale durch die eingeleiteten Energiesparmaßnahmen der Stadt.
- Zudem stehen Königswinter aus dem kommunalen Finanzausgleich durch das Gemeindefinanzierungsgesetz 2023 rund 3,74 Mio € weniger Gelder zu. Und zwar deshalb, weil u.a. die Gewerbesteuereinnahmen der erfolgreich wirtschaftenden Königswinterer Unternehmen gestiegen sind. Dadurch verringern sich die städtischen Ausgleichsmittel für Königswinter zugunsten weniger ökonomisch erfolgreicher und attraktiver Kommunen.
Diese finanziellen Eckpunkte sorgen dafür, dass der Haushaltsplanentwurf der Königswinterer Kämmerei, der am 19.09.2022 in den Stadtrat eingebracht wird, allein in 2023 ein um mehrere Millionen höheres Defizit als noch 2022 angenommen ausweisen könnte.
Daran ändern auch die in 2023 um 3,5 Mio. € höher geplanten Gewerbesteuereinnahmen leider nichts.
Thomas Koppe, Fraktionsvorsitzender der GRÜNEN dazu: »Unser Ziel, einen strukturell ausgeglichen Haushalt in den nächsten Jahren realisieren zu können, ist mit diesen von unserer Gemeinde nicht zu beeinflussenden Rahmenbedingungen in weite Ferne gerückt! Trotz aller Bemühungen der letzten beiden Jahre scheint es jetzt unmöglich, die negativen externen Faktoren allein mit eigenen Mitteln aufzufangen! Dies kann dazu führen, dass wir ab 2025 nun doch in ein Haushaltssicherungskonzept abgleiten, sollte nicht energisch gegengesteuert werden. Zusätzliche Entlastungen von Seiten des Bundes, des Landes und des Kreises sind dringend erforderlich, damit die Kommunen ihre Selbstverwaltung bewahren können!«
Dabei steht Königswinter bereits vor einer Vielzahl anderer Herausforderungen. So ist die Personalsituation in der Stadtverwaltung noch immer überaus angespannt. Im Bereich des Hoch- und Tiefbaus sind weiterhin 50% bei den Architekten- und Ingenieursstellen unbesetzt. Im Bereich Schule Soziales und Sport können wegen zahlreicher offener Stellen wichtige Dienstleistungen nicht erbracht werden. Die Personalsituation ist durch die Pandemie zusätzlich so unter Druck, dass sogar Bürgerbüros zeitweise geschlossen werden müssen. Die Beschlüsse der Koalition, bis 2035 klimaneutral zu werden, und die Situation in unseren Schulen zu verbessern, sind auf diese Weise nicht umsetzbar.
Dirk Lindemann, Fraktionsvorsitzender der SPD: »Die von uns beschlossenen und an den Grundschulen dringend gebrauchten Stellenerweiterungen der Schulsekretärinnen sind immer noch nicht erfolgt. Und einige Bereiche der Bauverwaltung sind durch Personalmangel nahezu handlungsunfähig. Die Personalsituation der Stadtverwaltung zu verbessern, gilt mittlerweile unsere größte Aufmerksamkeit. Kurzfristig wollen wir diese unbefriedigende Personalsituation durch eine Prioritätensetzung von Projekten ausgleichen. Das kann aber kein Dauerzustand sein. Wichtig ist, dass die Attraktivität der Stadt als Arbeitgeber deutlich verbessert wird. Das Personalmarketing muss sich an die Gegebenheiten des Marktes, der durch Fachkräftemangel gekennzeichnet ist, angepasst werden. Das gesamte Personalmanagement einschließlich der Personalentwicklung braucht einen Modernisierungsschub. Sonst sind unsere politischen Veränderungsbemühungen für den Papierkorb.«
Sowohl die Personalsituation als auch die zu erwartenden Defizite im Finanzplan stellen eine besondere Herausforderung in den anstehenden Haushaltsberatungen dar. Positiv wird sich hier allerdings die nun zusammen mit der Verwaltung vereinbarte Umstellung der Haushaltssystematik auswirken. Nicht alles, was wünschenswert ist, aber erkennbar nicht gestemmt werden kann, wird in den Haushaltsplan aufgenommen, sondern nur solche Projekte, die tatsächlich realisiert werden können. Dies sorgt für mehr Transparenz, da es die leistbaren Aufgaben und die Kapazitäten in Personal- und Finanzplanung abbildet und somit der gebotenen Haushaltsklarheit und -wahrheit näherkommt.
Stephan Bergmann, Fraktionsvorsitzender der Köwis betont: »Unabhängig von der dramatischen Entwicklung der Haushaltsbelastungen war es von Anfang an Ziel der Koalition, den Haushalt realistischer und für die Bürger transparenter zu gestalten. Klare Priorisierungen von Projekten sind unter den gegebenen Umständen das Gebot der Stunde. Projekte, die aus personeller oder haushälterischer Sicht in der Mittelfristplanung nicht realisierbar sind, werden zukünftig in Projektlisten als Anlage zum Haushalt geführt, damit die getroffenen Beschlüsse nicht in Vergessenheit geraten. Der Haushaltsplan ist eben kein Wunschkonzert.«
Die Ratskoalition aus KöWI, SPD und Grünen sieht ihre Aufgabe trotz der ungünstigen Vorzeichen darin, einen genehmigungsfähigen Haushalt für 2023 aufzustellen und auch in der Mittelfristplanung eine politische Fremdsteuerung durch ein Haushaltssicherungskonzept zu vermeiden. Die in der letzten Woche durch die Finanzverwaltung NRW verkündeten Optionen, die bisher für 2025 geplante Abschreibung der Kosten gemäß Corona-Isolierungsgesetz nun auf 2027 verschieben und zusätzlich die durch den Krieg in der Ukraine verursachten Kosten isolieren zu können, eröffnen der Stadt neue finanzielle Freiräume. Zu den Folgen des Ukrainekrieges zählen sowohl die gestiegenen Energiekosten als auch die Kosten für die Flüchtlingsbetreuung und -unterbringung. Sie können vom Haushaltsplan erst einmal abgetrennt werden.
Bei jeder Ausgabe werden wir abwägen, ob wir es uns leisten können, sachlich notwendige Aufwendungen im Interesse eines genehmigungsfähigen Haushalts den kommenden Generationen aufzubürden. Die Isolierung der Kosten im Zusammenhang mit Corona und dem Ukrainekrieg entlastet zwar heute den Haushalt, kommt aber als Bumerang später in Form jahrzehntelanger Abschreibungen zurück. Für die Koalition gilt, diese Abwägung sorgfältig und politisch verantwortlich vorzunehmen.
Stephan Bergmann (KöWI) Thomas Koppe (GRÜNE) Dirk Lindemann (SPD)
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