Kinder und Jugendliche gestalten mit
Nach jahrelanger Diskussion über eine Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz hat das Bundesjustizministerium Ende November 2019 einen Gesetzentwurf vorgelegt. Danach sollen Kinder einen Anspruch auf Förderung ihrer Grundrechte erhalten, zudem soll eine Pflicht zur Berücksichtigung des Kindeswohls festgeschrieben werden. Ob sich in letzter Konsequenz der Bundestag in Berlin für diesen Schritt entscheiden wird? Eines ist sicher: Kinder können nicht warten!
Denn Kinder und Jugendliche haben ebenso wie Erwachsene das Recht, ihre Interessen zu artikulieren, mitzuentscheiden und damit an der Gestaltung ihres Lebensumfeldes und den Weichenstellungen ihrer Zukunft aktiv teilzuhaben. Dies gilt auch in der Kommunalpolitik. Dabei endet diese Mitwirkung nicht mit der Gestaltung von Kinderspielplätzen, Schulhöfen oder Spielstraßen, sondern umfasst alle Bereiche von der Stadtentwicklung, Bauleitplanung, Verkehrsgestaltung bis zu Umweltfragen.
Wenn Kinder und Jugendliche selbst aktiv gestaltend mitwirken, kann Demokratie für sie erfahrbar gemacht werden. Es ist ein wichtiger Weg gerade in einer Zeit, in der die Demokratie von rechts angegriffen wird, demokratische Einstellungen von Kindern und Jugendlichen zu fördern.
Entsprechende Vorschriften finden sich im Sozialgesetzbuch, im Kinder- und Jugendfördergesetz NRW und im Kinderbildungsgesetz (KiBiz). Auch im Baugesetzbuch sind Kinder ausdrücklich als Teil der Öffentlichkeit genannt, die im Rahmen der Bauleitplanung zu beteiligen ist.
Beispiele für eine aktive Beteiligung von Kindern und Jugendlichen sind der B-Plan Vinxel, die Gestaltung der Rheinallee, die Bebauung des Stadtgartens, die neuen Kindergärten und der Umbau der ehemaligen Paul-Moor-Schule in Oberpleis.
Die derzeitige Form der Beteiligungsverfahren ist allerdings nicht geeignet, Kinder und Jugendliche zur Teilnahme zu motivieren. Kinder werden schon allein durch die späten Uhrzeiten der Bürgeranhörungen ausgeschlossen. Zudem müssten sie gezielt über ihre Beteiligungsrechte aufgeklärt werden.
Konkret fordern wir:
- Verlässliche Unterstützung der offenen und verbandlichen Jugendarbeit
- öffentlich erkennbar hohe Wertschätzung aller Ehrenamtler*innen in der Jugendarbeit
- Stärkung der Jugendberufshilfe in enger Zusammenarbeit mit unseren weiterführenden Schulen, ortsansässigen Betrieben und der Agentur(en) für Arbeit/Jobcenter
- Qualifizierung für Beteiligungsprozesse der Partizipation von Kindern und Jugendlichen in allen Planungs- und Entscheidungsprozessen der Stadt.
Voraussetzungen hierfür sind die Bereitstellung von personellen und finanziellen Ressourcen sowie der erklärte Wille von Entscheidungsträgern in Verwaltung und den städtischen Gremien. Deshalb fordern wir Köwis ein Kinder- und Jugendbüro als Anlaufstelle für Kinder- und Jugendinteressen, das deren Beteiligung in der Kommune ermöglicht. Die Stelle des Stadtjugendpflegers als Vertreter von Kinderinteressen in der Stadtverwaltung und Ansprechpartner des Bauamts, der Schulen und Kindertagesstätten wird entsprechend aufgestockt.
Kindeswohl, Elternwohl und Gemeinwohl bedingen einander
Trotz zahlreicher guter Einzelprojekte der vergangenen Jahre, trotz der hervorragenden Arbeit der Frühen Hilfen und der Erziehungsberatungsstelle fehlt in Königswinter ein integriertes Gesamtkonzept für präventiven Kinderschutz, in das die Einzelmaßnahmen, wie Aufklärungsveranstaltungen an den Grundschulen, einbezogen werden. Wir setzen uns deshalb für die Schaffung einer Fachstelle Prävention beim Jugendamt ein. Diese Fachstelle sollte das Konzept mit professioneller Hilfe entwickeln und ein Netzwerk auf Basis des § 78 Sozialgesetzbuch VIII gründen. Eine solche „AG 78“ sichert eine verbindliche Kooperation zwischen unterschiedlichen Trägern, die mit Kindern zu tun haben: öffentliches Jugendamt, Kitas, Vertreter der offenen Kinder- und Jugendarbeit, OGS, Schulen, ASD, Frühe Hilfen, Erziehungsberatung, Flüchtlingshilfe usw. auf der Basis von Präventionsketten von der Geburt bis zur beruflichen Integration der Jugendlichen.
Wichtig ist dabei die Mitwirkung von Eltern, Kindern und Jugendlichen. Es sollten wirksame Instrumente der Mitwirkung von Familien auf städtischer Ebene geschaffen werden.
Die Fachstelle Prävention hat dabei eine Steuerungsfunktion. Sie wertet nicht nur die Erkenntnisse über frühe Warnhinweise aus, führt Präventionsmaßnahmen wie die Fortbildung von Fachkräften durch, sondern sie achtet auch auf eine Wirkungsbeurteilung, um laufende Aktivitäten erfolgversprechend gestalten zu können. Professionelles Planen und Handeln schließen allerdings Kontrolle durch eine regelmäßige Berichtspflicht der Träger über die vereinbarten Kinderschutzmaßnahmen ein. Denn das öffentliche Jugendamt ist nach dem Sozialgesetzbuch Gewährleistungsträger. Es muss sicherstellen, dass alles geschieht, um ein gelingendes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen zu ermöglichen.
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Kommunalpolitisches Programm der Königswinterer Wählerinitiative KöWI e.V. 2020